Otto Theodor Rudolf Heichert war das erste Kind von Marie Sophie, geb. Hohmann und des Hausmeisters Rudolf Wilhelm August Heichert aus Gröningen. Es folgten 1870, 1871 und 1872 drei weitere Geschwister. Zwei von ihnen starben kurz nach der Geburt. Otto Heichert überlebte als einziger und besuchte die Schule in Magdeburg.
Die Kindheit in Gröningen und die ärmlichen Verhältnisse der Familie haben ihn in seiner künstlerischen Entwicklung wesentlich beeinflusst, wie seine späteren Werke zeigen. In der Magdeburger Schulzeit fiel der Schüler Otto Heichert bereits früh mit seinem zeichnerischen Talent auf und kam (vermutlich gefördert) schon mit 14 Jahren im Jahr 1882 an die Düsseldorfer Malerakademie, wo er in der Malklasse von Hugo Crola, Eduard von Gebhardt und Peter Janssen geprägt wurde. Als Meisterschüler von Wilhelm Sohn reifte sein Malstil zum Genre- und Bildnismaler, so dass er bereits 1894 als 26-jähriger zum Studium an der 'Academie Julian' in Paris zugelassen wurde. Abgesehen von mehreren Studienreisen und einem eineinhalbjährigen Aufenthalt in Bremen war er bis 1902 in Düsseldorf ansässig, wo er zahlreiche Porträtaufträge für das gehobene Großbürgertum ausführte. Durch die Heirat von Gräfin Margarethe (Mimi) von Helldorf 1908 wurde Heichert in den Adelsstand gehoben. In dieser Zeit porträtierte er auch Reichspräsident Paul von Hindenburg auf der Höhe seiner Laufbahn.
Als 34-jähriger wurde er an die Königliche Akademie nach Königsberg berufen, wo er bis 1918 als Professor lehrte. Im 1. Weltkrieg war er gleichzeitig als Kriegsmaler tätig. Es entstand unter anderem das großartige Historiengemälde über den Freiheitskämpfer „Theodor Körner nach dem Überfall auf Kitzen“. In der Königsberger Zeit wählte er vor allem Szenen aus dem ländlichen Milieu und wandte sich zunehmend der „sozialen Frage“ zu. Mit seinen Darstellungen nahm er Anteil an Not, Krankheit und Sterben. Besondere Anerkennung erlangte Heichert durch seine, mit einer in der Tradition der Düsseldorfer Malerschule stehenden psychologischen Durchdringung der Charaktere, die er in all ihren Gefühlserregungen bzw. mimischen-gestischen Ausdrucksformen erfasste und detailliert porträtierte.
1912 erhielt Heichert den Auftrag zur Erstellung des 6 x 8 Meter großen Freskos "Empfang des Salzburger Emigrantenzuges durch König Friedrich Wilhelm I.“ in der Aula der Friedrichschule in Gumbinnen / Gusew (Ostpreußen), welches heute zum Weltkulturerbe der UNESCO gehört und den Brückenkopf zwischen Russland und Europa bildet. Ab 1923 lebte Heichert in Berlin als Zeitgenosse von u.a. Max Liebermann, Lovis Corinth, Ludwig Meidner, Alexej Jawlensky und unternahm kontrastierend zum Berliner Leben der Zwanziger Jahre ausgedehnte Studienreisen nach Spanien, Frankreich und Holland.
Für seine Werke erhielt er 1895 die 'Kleine Goldene Medaille' in Berlin, 1900 die zweite Medaille auf der 'Weltausstellung' in Paris, 1904 eine Goldene Plakette auf der 'Internationalen Kunstausstellung' in Dresden und 1927 die Medaille der Stadt Würzburg. Die Kunstsammlungen der Stadt Königsberg besaßen mehrere Gemälde, weitere Werke gelangten in die Berliner Nationalgalerie und in die Museen von Düsseldorf, Antwerpen und Würzburg.
Sein Enkel Elk Michael Berger hat durch gezielte Akquisitionen in den letzten Jahrzehnten ein umfassendes Oeuvre von Ölgemälde, Gouachen, Zeichnungen und Skizzen von Otto Heichert aus verschiedenen Privatsammlungen und Nachlässen wieder zurück erwerben können, die sich jetzt erstmals zu dieser Retrospektive formieren. Die Ausstellung bildet die erste Retrospektive der Werke Otto Heicherts.